Bekenntnis zu humanem Asylrecht

Susanne Bei der Wieden und Julian Pahlke (Fotos: Ulf Preuß)

Kirchenpräsidentin Susanne Bei der Wieden und der Grüne Bundestagsabgeordnete Julian Pahlke aus Leer haben am späten Donnerstagabend (8.6.2023) beim Kirchentag in Nürnberg ein Bekenntnis zu einer humanen EU-Flüchtlings- und Asylpolitik abgegeben. Als Kernsatz ihres Politischen Gebets zur Nacht formulierten sie: „Man lässt keine Menschen ertrinken und vor der eigenen Tür verenden. Punkt.“

Pahlke und Bei der Wieden verstehen diesen Satz auch als eine Reaktion auf die neuen Asylregeln, auf die sich die EU-Innenminister am selben Abend kurz zuvor geeinigt hatten. Er greift eine Formulierung der Predigern des letzten Kirchentagsabschlussgottesdienstes, Sandra Bils auf. 2019 hatte sie in Dortmund gesagt: „Man lässt keine Menschen ertrinken. Punkt.“

Susanne Bei der Wieden sagte: „Heute ist die politische Diskussion weiter gegangen. Ganz aktuell geht sie weiter, auf europäischer Bühne. Dabei wird auch diskutiert, ob wir nicht verhindern können, dass Menschen auf der Suche nach Asyl überhaupt erst europäischen Boden betreten. Ob – und wie – sich Verfahren exterritorialisieren lassen, um aufzuteilen: Die, die herein dürfen und die, die dann draußen bleiben müssen. Die, die dann draußen bleiben müssen, die werden vor der Tür stranden. Und wenn sie nicht wieder nach Hause gehen – können, dann ist das die Endstation. Ein Elendslager vor der Tür. Welch eine Perspektive.“

Julian Pahlke in der St.-Martha-Kirche

Julian Pahlke sagte: „Unser kollektives Menschenbild wird auf eine harte Probe gestellt. Wenn plötzlich in gewollte und weniger gewollte Flüchtende unterschieden wird. Wenn die einen kommen dürfen, aber den anderen die Tür vor der Nase zugeschlagen wird. Es ist die Unterscheidung der Wertigkeit von Leben, die vor unser aller Augen aufgemacht wird, ohne dass es einen kollektiven Aufschrei gibt. Es ist das offene und für alle sichtbare gegeneinander ausspielen von Menschen, die miteinander mehr Gemeinsamkeiten als Differenzen haben.“

Pahlke forderte die Kirchen auf, sich zu engagieren. Er fragte: „Welche Rolle kann Kirche spielen, um den entgleisten Kurs auf die Spur zu bringen?“ „Gerade wenn es um so essentielle Themen wie Flucht, menschliche Schicksale und historische Grundrechte geht, ist doch ein Aufstehen gefragt, ein sich schützendes Davorwerfen: Wenn das historische Erbe der allgemeinen Menschenrechte und der Genfer Flüchtlingskonvention angegriffen wird.“

Susanne Bei der Wieden schloss ihre Bibelauslegung des Psalm 130 mit den Worten: „Gott will uns Menschen. Er will uns nahe sein. Jesus sagt es: Kommt her zu mir alle, ich will euch. Aus reiner Liebe und Gnade. Sollte unsere Dankbarkeit nicht ganz wie von selbst aus uns sprudeln, dass wir in uns herzliche Freude haben, Lust und Liebe und gute Werke tun? Das heißt für mich: Eintreten für die Elenden und Verfolgten, für die, denen ihre Schreie durch das eigene Mark und Bein hinausdrängen zu Gott – und zu uns. Und wir stimmen mit ein. Wir beten. Als Brüder und Schwestern. Und der Kreis schließt sich: Das Gebet ist die vornehmste Art der Dankbarkeit.“

Kirchenpräsidentin Bei der Wieden hatte Julian Pahlke zu dem Politischen Gebet zur Nacht zum Thema Flucht und Seenotrettung eingeladen, weil er vor seiner Wahl in den Bundestag mehrere Jahre auf einem Schiff im Mittelmeer aktive Seenotrettung betrieben hatte. Ort des Politischen Gebets zur Nacht war die evangelisch-reformierte St.-Martha-Kirche in der Nürnberger Innenstadt am Donnerstag, 8. Juni 2023.

Aus dem Publikum wurde die Forderung formuliert, dass der Satz „„Man lässt keine Menschen ertrinken und vor der eigenen Tür verenden. Punkt.“ im Abschlussgottesdienst des diesjährigen Kirchentages Platz finden müsse.

9. Juni 2023
Ulf Preuß, Pressesprecher

 

Der Chor Auftakt unter der Leitung von Markus Dietz gestaltete das Politische Gebet zur Nacht musikalisch.

Zurück