Hilfe für Kirche im Libanon

Foto: Ulf Preuß

Die Evangelisch-reformierte Kirche will die Evangelische Kirche in Syrien und dem Libanon (NESSL) über ihre Diakonie mit einer Nothilfe von 15.000 Euro unterstützen. Zugleich ruft Kirchenpräsident Martin Heimbucher dazu auf, darüber hinaus für die Opfer der Katastrophe zu spenden. "Wir sind mit unseren Gedanken und Gebeten bei den Menschen in Beirut in dieser Zeit des Horrors und des Schocks", sagte Heimbucher am Freitag, 7. August.

Unmittelbar nach der Explosion, bei der rund 250.000 Menschen ihr zu Hause verloren, hatte Heimbucher Kontakt mit dem Generalsekretär der NESSL, Joseph Kassab. Dieser habe den Libanon in seiner E-Mail als ein "bankrottes Land auf dem Weg zu einem gescheiterten Staat" beschrieben. Die Katastrophenopfer seien daher dringend auf externe Hilfen angewiesen.

Die von der Explosion am stärksten betroffenen ärmeren Stadtviertel von Beirut seien mehrheitlich von Angehörigen der christlichen Minderheit bewohnt, hieß es. Tausende Menschen stünden nun buchstäblich auf der Straße. Kassab bat daher um Geld, mit dem der Wiederaufbau der Häuser finanziert und die Grundversorgung der Menschen gesichert werden könne. Neben der Evangelisch-reformierten Kirche hat auch die Evangelisch-lutherische Landeskirche Hannovers Hilfszahlungen für die NESSL zugesagt.

Zur NESSL (National Evangelical Synod od Syria und Lebanon) gehören rund 15.000 Christinnen und Christen in 43 Kirchengemeinden im Libanon und in Syrien.

7. August 2020
Evangelischer Pressedienst (epd) / Ulf Preuß, Pressesprecher


Bild oben: Aus besseren Zeiten. 2018 besuchte Kirchenpräsident Martin Heimbucher (Mitte) die Partner im Libanon, hier im Foto mit Joseph Kassab, Generalsekretär der NESSL (rechts), und Paul Haidostian, Präsident der armenischen Haigazian University Beirut (links)


Zum Fürbittengebt für den Libanon


Kollekten und Spendenaufruf

Aus dem Kollekten- und Spendenaufruf, den Kirchenpräsident Martin Heimbucher am 7. August veröffentlicht hat:


Fürbitte und Kollektenaufruf für die Menschen im Libanon und für unsere Schwesterkirche NESSL

Am Mittwochmorgen, dem Tag nach der verheerenden Explosion im Hafen von Beirut, hatte ich unmittelbar Mailkontakt mit Joseph Kassab, dem Generalsekretär der NESSL (National Evangelical Synod of Syria and Lebanon).

Ich schrieb ihm:
„In our thoughts and prayers we are with you, with your families, with your communities, with your church, with your city and your country during these hours of horror and shock. Stay protected on body and soul! May Jesus Christ be felt by your side in dark hours!“
Und er antwortete wenig später:
„We are grateful for your continuous prayers and support. The Lebanese are paying every day the price of their Politicians’ negligence and corruption. May God have mercy on the poor and marginalized people in these difficult times.“

Die Betroffenen und die Helfer
Die von der Explosion am stärksten betroffenen ärmeren Stadtviertel von Beirut, nahe des Hafens, sind mehrheitlich von Angehörigen der christlichen Minderheit bewohnt; aber auch in den benachbarten muslimischen Vierteln sind die Schäden groß. Die große Zahl der Verletzten überfordert die schon durch Covid-19 überlasteten Krankenhäuser vollends. Zugleich berichten viele Betroffene von einer an Wunder grenzenden Bewahrung ihres Lebens bei der Zerstörung ihrer Wohnungen.

Tausende Menschen stehen jetzt buchstäblich auf der Straße, andere haben Zuflucht bei Freunden oder Verwandten gesucht. Durch die Zerstörung des Hafens ist aber auch die lebenswichtige Versorgung des ganzen Landes mit Nahrungsmitteln unterbrochen. Hoffnung machten in den Nachrichten Bilder von jungen Leuten, die sich aus freien Stücken um Aufräumarbeiten und um die Versorgung Notleidender kümmern: „Wir übernehmen jetzt die Aufgaben, denen der Staat nicht nachkommt“, sagen sie.

Die Flüchtlinge – doppelt und dreifach belastet
Doppelt schwer ist die Lage für die vielen Flüchtlinge im Land; es sind weit über eine Million Menschen, vor allem aus Syrien. Bei sechs Millionen Einwohnern hat gegenwärtig kein Staat im Verhältnis mehr Flüchtlinge aufgenommen als der Libanon. In der Arbeit für Flüchtlinge, insbesondere der Beschulung der Kinder, sieht die NESSL ihre vorrangige diakonische Aufgabe. Vor wenigen Tagen erst hat unsere Kirche sich an einer aktuellen Unterstützungsaktion der Hannoverschen Landeskirche für diese Arbeit beteiligt. Es ging darum, die Bezahlung der Lehrkräfte in den von der NESSL getragenen Schulen wenigstens noch eine Weile zu ermöglichen. Der libanesische Staat hatte im März den Staatsbankrott erklärt und keine Lehrergehälter mehr bezahlt. Dann kam Covid-19 – und schon dies war eindeutig „eine Krise zu viel“ für das belastete Land.

Noch ein „failed state“ im Nahen Osten – oder ein Neuanfang?
Wie andere Kirchen im Land, so hat auch die NESSL in den letzten Monaten ihre Kritik an der Regierung verstärkt, die Misswirtschaft und Korruption angeklagt und sich mit den mehrheitlich jugendlichen Demonstranten solidarisiert. Die Explosion im Hafen, allem Anschein nach durch das System notorischer Verantwortungslosigkeit verursacht, wird ein historischer Wendepunkt für den Libanon werden. Aber wie wird die Zukunft dieses ebenso schönen wie malträtierten Landes aussehen? Allzu lange haben es die um die Vorherrschaft in der Region kämpfenden Mächte zum Spielfeld ihrer mörderischen Konkurrenz gemacht. Tritt nun ein, was Joseph Kassab als Schreckensvision vor Augen steht: „We are a bankrupt country, becoming a failed state.“ Oder kann von diesem absoluten Tiefpunkt her im Libanon ein politischer Neuanfang gelingen und ein wirtschaftlicher Wiederaufbau?

Was jetzt Not tut – politisch …
Zunächst wird es schlicht darum gehen, genug finanzielle und logistische internationale Hilfe zum Überleben der Geschädigten und der Armen im Land zu mobilisieren: „We need money for repai-ring houses, medical care, and food baskets“, sagte Joseph Kassab gestern in einem Interview mit der amerikanischen Portal „Christianity Today“. Und im Blick auf die politische Perspektiven fügte er hinzu: „Was wir überhaupt nicht brauchen können, wären Auseinandersetzungen, die sich zu einem neuen Bürgerkrieg auswachsen könnten wie in Syrien. Was immer von außen kommt, damit werden wir fertig. Aber interne Konflikte würden das Land zerstören.“ Wörtlich: „The most important thing is for Lebanon to have peace with itself.“

… und was die Kirche dazu beitragen will
Joseph Kassab bekräftigt, dass seine Kirche ihrer historischen Mission treu bleiben wolle: Mit ihrem Zeugnis und ihrer Praxis möchte sie Ferment einer besseren Zukunft für das ganze Land sein, in der es Bildung für alle gibt und ein respektvolles Zusammenleben der verschiedenen Konfessionen und Religionen geübt wird:
„Dafür wir wollen wir das Bewusstsein unserer Brüder und Schwestern im Westen schärfen“, sagt Joseph Kassab: „Wir haben in diesem Land eine gemeinsame Mission, die vor 200 Jahren begann, ein gemeinsames geistliches Erbe. Steht auch Ihr auch jetzt dazu?“ Gegen die Befürchtung, dass diese Katastrophe zu einem verstärkten Exodus gerade der Christen aus dem Libanon führen könnte, appelliert er an die Gemeinden der NESSL: „In the midst of such pain, we need to become a better church. We are not called to sit in the pews, but to witness for Christ and work for the kingdom of God.“


Die Landeskirche bereitet über ihre Diakonie zunächst eine Nothilfe von 15.000,- Euro direkt für die Arbeit der NESSL vor.

Bei Kollekten für die NESSL schlage ich Ihnen vor, dass wir - wie in den vergangenen Jahren bereits vielerorts geschehen - für die Arbeit der NESSL an ihren Schulen und für Flüchtlingskinder sammeln. Dafür braucht es jetzt besonders jenen langen Atem, den die NESSL in diesem Engage-ment seit ihrer Gründung vor 200 Jahren bewiesen hat. Und unsere Solidarität.

Entsprechende Spenden und Kollekten überweisen Sie bitte direkt an das Diakonische Werk der Evangelisch-reformierten Kirche:

Sparkasse LeerWittmund, IBAN-Nr. DE17 2855 0000 0000 9070 06, BIC: BRLADE21LER, Stichwort: Schulische Arbeit der NESSL

 

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