OEKT-Osnabrück: Die Politik, die Kirchen und der Krieg

Friedensdiskussion im Dom (Fotos: Detlef Heese)

Der Krieg in der Ukraine, Aufarbeitung von Missbrauch und die Rechte queerer Menschen waren am Samstag drei von vielen Themen beim regionalen Ökumenischen Kirchentag in Osnabrück. Verteidigungsminister Pistorius fand klare Worte zum Ukrainekrieg.

Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) hat Waffenlieferungen in die Ukraine gegen Kritik von leitenden Theologen verteidigt. Er könne den Menschen in der Ukraine nicht sagen, dass sie sich gewaltfrei gegen Drohnenangriffe und Raketen aus Russland wehren sollten, sagte Pistorius am Samstag in Osnabrück beim regionalen Ökumenischen Kirchentag. Dieser Krieg habe im russischen Präsidenten Putin einen eindeutigen Aggressor. „Putin hat keine Hemmungen, Menschen zu töten.“

Vor rund 800 Menschen diskutierte der Minister über die Bedingungen für eine Friedensordnung. Der gebürtige Osnabrücker war prominentester Gast des Kirchentages aus Anlass des Jubiläums „375 Jahre Westfälischer Frieden“. Am Samstag standen mehr als 100 Workshops, Diskussionen, Lesungen, Konzerte und Gottesdienste auf dem Programm. Am Sonntag werden mehrere Tausend Besucherinnen und Besucher zu einem Abschlussgottesdienst erwartet.

Kirchenpräsidentin Susanne Bei der Wieden forderte, mehr zu differenzieren. Es sei wichtig, auch die zerstörerischen Folgen des Krieges und eines neuen Wettrüstens für die Ukraine selbst und beispielsweise für Länder in Afrika zu bedenken. Hass und Gewalt dürften nicht das letzte Wort haben. Wichtig seien Versöhnungsprozesse auch während des Krieges. Der katholische Ex-Generalvikar des Bistums Osnabrück, Theo Paul, warb ebenfalls dafür, sich nicht allein auf Waffengewalt und Waffenlieferungen einzulassen.

Pistorius entgegnete, er würde sich einen schnellen Weg zu Friedensverhandlungen wünschen. Den sehe er aber derzeit nicht. „Das Streben nach Differenzierung von Dingen, die sonnenklar sind, verwischt die Verantwortlichkeiten.“

Der evangelische hannoversche Landesbischof Ralf Meister sagte, mitten im Krieg sei nicht die Zeit, Begriffe von Versöhnung und Vergebung in den Mund zu nehmen. „Wenn Menschen ihr Land verteidigen wollen, muss ich ihnen das zugestehen und ihnen die Hilfe geben, dass sie das tun können.“

Alt-Bundespräsident Christian Wulff (CDU) warnte davor, den Frieden in der Europäischen Union als selbstverständlich zu betrachten. Die Strahlkraft der westlichen Demokratien habe in den vergangenen zehn Jahren abgenommen. „Wenn die Menschen sich nicht engagieren, werden wir in die Gefahr kommen, dass der Frieden nicht bleibt.“

In einer Diskussion um die Aufarbeitung sexualisierter Gewalt in den Kirchen kritisierte Meister die mangelnde Beschäftigung des Deutschen Evangelischen Kirchentages mit diesem Thema. Das werde sich beim kommenden Kirchentag 2025 in Hannover ändern, versprach der Bischof. Der Kölner Stephan Rixen, Jurist und Mitglied des Deutschen Ethikrats, forderte den Staat auf, den Kirchen nicht eigene Rechte, wie etwa beim Datenschutz, zuzubilligen.

Betroffene von sexualisierter Gewalt und Mitglieder der queeren katholischen Initiative „Out in Church“ forderten Priester und Bischöfe auf, Macht abzugeben. „Solange die Macht in unserer Kirche nicht anders verteilt wird, kann Kirche sich nicht ändern“, sagte Ann Cathrin Röttger aus Osnabrück.

Der Ökumenische Kirchentag in Osnabrück steht unter dem Motto „Wege des Friedens“ - passend zum 375. Jahrestag des Westfälischen Friedens in diesem Jahr. Er begann am Freitag, 16. Juni, mit einer Langen Nacht der Kirchen und endet am Sonntag mit einem Abschlussgottesdienst.


17. Juni 2023
Evangelischer Pressedienst (epd)


Die Podiumsdiskussion fand am Nachmittag im Osnabrücker Dom statt.

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