Traut euch, öffentlich etwas zu sagen!

Holocaus-Denkmal in Berlin (Foto: imageworld24 / pixelio.de)

Am Holocaust-Gedenktag hat Kirchenpräsident Martin Heimbucher zu Zivilcourage aufgerufen. Heimbucher sagte in seiner Predigt im Gedenkgottesdienst der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) in Leer am Montagabend: „Traut euch, öffentlich etwas zu sagen, dreinzurufen, zu widersprechen, wenn wieder bestimmte Gruppen ausgegrenzt, denunziert und schlechtgemacht werden, wenn ihre Menschenwürde verletzt wird.“

Vor 75 Jahren, am 27. Januar 1945, wurde das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau durch die Rote Armee befreit, seit 1996 wird in Deutschland an diesem Jahrestag an die Opfer des Nationalsozialismus erinnert.

Heimbucher wies auf die wenig ruhmreiche Rolle der Kirche zur Zeit des Nationalsozialismus hin. „In der Rückschau können wir auch im Blick auf die kirchliche Opposition in der Nazizeit keine Heldengeschichten erzählen.“ Es habe zwar innerkirchlichen Widerstand gegen die Übernahme der Nazi-Ideologie gegeben, gegen die nationalsozialistische Politik der Judenverfolgung aber hätten die meisten geschwiegen

Heimbucher erinnerte an den Emder Pastor Hermann Immer, der in der Nazizeit in Konflikt mit den staatlichen Behörden geriet. Er sei erst aus dem Gefängnis entlassen worden, als Emder Hafenarbeiter angekündigt hatten, „sie würden im Hafen Skandal machen, wenn ihr origineller und beliebter Pastor nicht aus dem Gefängnis entlassen würde.“ Leider habe die damalige Kirchenleitung der Reformierten Kirche dem Pastor ihre Unterstützung verweigert. Das sei ein Grundproblem aller Oppositionellen in der Nazizeit gewesen. „Die Unentschlossenheit, das Lavieren und die Feigheit der schweigenden Mehrheit“ habe überwogen.

Heute sei wieder Zivilcourage gefordert, so Heimbucher, etwa wenn Träger öffentlicher Ämter verbal angegriffen und bedroht würden. In Zeiten „propagandistischer Verwirrung und Hetze“ brauche es Menschen, die einen klaren Kopf behalten über das Gute und das Böse. Heimbucher sagte: „Es braucht uns alle. Es braucht unseren Protest, wenn die Menschenwürde mit Füßen getreten wird. Es braucht unseren Widerspruch, wenn unmerklich das Recht gebeugt wird.“

27. Januar 2020
Ulf Preuß, Pressesprecher

Der Predigttext zum Nachlesen


Video zum Holocaustgedenktag 2020

"Liebe deinen Nächsten - er ist wie du!": Kirchenpräsident Martin Heimbucher am Ort der ehemaligen Synagoge in Leer.

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